Dr. Peter Sauerwald und Stefan Schmidt
Königlich Preußische Ordensjuweliere
Das im nachfolgenden abgehandelte Thema über die Tätigkeit der Ordensjuweliere, Goldund Silbersticker und die Hersteller von tragbaren Ehrenzeichen im Königreich Preußen von 1701 bis 1918 ist bisher eher ein Stiefkind der Ordenskunde gewesen. Dazu gehörte auch in diesen Themenbereich zweifelsohne die seinerzeit äußerst bedeutende dekorationsbezogene Tätigkeit der Königlich Preußischen General-Ordens-Kommission (GOK).
Diese relativ kleine, mit dem Staatsumbau infolge der Stein-Hardenberg´schen Reformationen von 1810 begründete und zuerst nur sechs Personen umfassende Behörde, unterstand in den ersten Jahrzehnten unmittelbar dem Monarchen. Bis 1914, den Ministerien und hier dem Präsidium des Staatsministeriums unterstellt, war die Zahl ihrer Beamten bereits
auf 19 angestiegen, wobei die „Hülfsarbeiter“ und sonstigen untergeordneten Hilfskräfte hier nicht berücksichtigt wurden. Selbst 1918, im Jahr des Zusammenbruchs der Monarchie, war diese für die damalige Gesellschaft immer noch wichtige Institution zwar auf 17 reduziert, musste aber auch unter dem Verdikt unabweisbarer Kriegsauszeichnungen bis auf den letzten Tag, Sonnabend 9. November voll ausgelastet gewesen sein, wie die täglich erschienenen Listen im Deutschen Reichsanzeiger und Königlich Preußischer Staatsanzeiger nachweisen.
Am folgendem Werktag, dem 11. November 1918 erschien das hier genannte
Staatsperiodikum als „Deutscher Reichsanzeiger und Preußischer Staatsanzeiger“. Neue Königliche Orden, Titel und Rangerhöhungen gab es nicht mehr. Aber die Tätigkeit der GOK beendete mit dem Zerfall der Monarchie keinesfalls ihre Tätigkeit. Berechtigte Ansprüche auf tragbare Auszeichnungen, nicht nur für die ehemaligen Kriegsgefangenen, mussten bis in die Mitte der zwanziger Jahre hinein abgewickelt werden.
Darüber hinaus hoffen die Autoren, das in zum Teil langwierigen Recherchen erschlossene und bebilderte Material trüge dazu bei, auch gerade bildlich, eine Wissenslücke zu schließen, die auf dem Gebiet der klassischen preußischen Auszeichnungskunde (Phaleristik), die mit dem Jahr 1918 abschloss, aber immer noch besteht.
Jeffrey R. Jacobs konnte vor über 40 Jahren in seinem Buch über die „Court Jewelers of the World“ zusammen 25 Berliner Ordensjuweliere und Fabrikanten bis 1945 benennen. Im Jahr 1999 gelang es einem der Autoren in einem Aufsatz „Berliner Ordensjuweliere und Hersteller von Ehrenzeichen bis zum Jahr 1918“ für diesen eingegrenzten Zeitraum bereits 65 Werkstätten namhaft zu machen. Umfangreiche Recherchen in den Jahren seither kommen nunmehr auf weit über einhundert Entwerfer, sowie Hersteller von Orden und Ehrenzeichen in Berlin bis zum Jahr 1918. Durch parallele Forschungen anderer Autoren auf
kunsthistorischem Gebiet gelang es seitdem, entsprechende Zusammenhänge, soweit sie die Fertigung von Auszeichnungsinsignien betrafen, dieser Arbeit zu erschließen und damit die „Handschriften“ von Ordensjuwelieren zu verdeutlichen. Besonders galt dieses für das 18. Jahrhundert. Die dabei ganz wesentliche Bedeutung der ausschließlichen Privilegierung dieser seinerzeit zunftmäßig organisierten Juweliere konnte so im Zusammenhang noch deutlicher herausgearbeitet werden. Ihre Privilegierung, seien sie nun Seidenbandweber, Gold- und Silbersticker oder eigentliche Ordensjuweliere, schloss andere Zunftmeister in dieser Zeit jedoch von der offiziellen Anfertigung der Insignien aus.
Weiter konnte hier die Fertigung und auch die Vergabe von Brillantinsignien ausführlich behandelt werden. Diese Auszeichnungen, ohnehin niemals verliehen, blieben immer vergeben. Brillantorden bildeten bis zum Jahr 1918 somit ein verdecktes Geldgeschenk von ganz erheblichem Wert.
Außerdem werden die Geschäftsbeziehungen zur Königlichen Schatulle, die im 18. Jahrhundert für das Auszeichnungswesen zuständig war, und die ab 1810 als General4 Ordens-Kommission (GOK) fungierte, eingehend geschildert. Hierüber dürften sich im Geheimen Staatsarchiv Preußischer Kulturbesitz zukünftig noch manche interessante Sonder-Fakten finden lassen.
Bei der Auswahl der Abbildungen von Orden und Ehrenzeichen kam es auch darauf an, nach Möglichkeit die am häufigsten verliehenen Stücke abzubilden. Naturgemäß sollen darunter auch die älteren und in oft sehr geringer Stückzahl erhaltenen Auszeichnungen, die als sehr selten zu gelten haben, dargestellt werden.
Es ist bedauerlich, dass sich, vergleichbar dem gesamten Angebot historischer Gegenstände, auch auf dem Sektor der Auszeichnungen eine ganz beachtliche Zahl von in betrügerischer Absicht angefertigten Nachfertigungen ausmachen lässt. Wenn es gelänge, mit dieser Arbeit dem Interessierten, besonders aber dem Sammler authentischer Gegenstände, die Zusammenhänge ihrer Fertigung und damit die Falsifikate erkennen zu können, wäre bereits ein Ziel dieser Veröffentlichung erreicht. Dazu dient auch die beispielhafte Wiedergabe
unzweifelhafter probemäßiger -also in dieser Form von der GOK verausgabter- Stücke. Wie schwierig dieses Bestreben war, mag daran gemessen werden, dass in früheren Veröffentlichungen, auch bekannter Fachautoren, viele dieser Falsifikate unerkannt abgebildet wurden. Selbst die in ihrer Publikation um originale Abbildungen nun schon sehr bemühten Autoren Arnhard Graf Klenau/Peter Sauerwald in „Die Orden und Ehrenzeichen des Königreichs Preußen“ aus dem Jahr 1998, bildeten in damals noch bestehender Unkenntnis, zwei dieser „modernen Nachfertigungen“ ab.
Für eine Arbeit mit derart spezialisiert eingeschränktem Themenkreis ist es jedoch heute äußerst schwierig, in unserer digitalen Welt die Bereitschaft zu finden, einem, heute scheinbar vielleicht abwegig erscheinenden, aber bis zum Jahr 1918 in unserer Gesellschaft von übergro.er Gewichtigkeit empfundener Bedeutung heraus zu bringen. Selbst die Deutsche´Gesellschaft für Ordenskunde (DGO) sah sich nicht in der Lage, diese doch eher spezielle
Arbeit, die jedoch eine der Grundlagen der Ordenskunde als historische Hilfswissenschaft beinhaltet, herauszubringen und damit über einen eher kleinen Kreis wissenschaftlich bemühter Ordenskundler, bekannt zu machen, was wir mit großem Bedauern zur Kenntnis nehmen mussten.